Das Zeichen

wahre Begebenheit vom 02. Dezember 2003



"Blödes Klapperding,...",

Marion ärgerte sich wieder mal maßlos über ihren Taschenrechner, der wegen eines fehlenden Gummifüßchens bei jedem Tastendruck klapperte. Er funktionierte zwar sonst problemlos, doch dieses monotone Geräusch ging ihr schon seit 1 ½ Jahren derart auf die Nerven, dass sie bereit war, sich einen Neuen anzuschaffen. 
Ihre Konzentration blieb heute sowieso nur schwer bei der Arbeit, da sie am Nachmittag zusammen mit ihrer Tochter Alexandra zum Grab ihrer kürzlich verstorbenen Großmutter fahren wollte. Alexandra wollte bei der Beerdigung nicht anwesend sein, denn sie haderte mit dem Tod der geliebten Uroma und weigerte sich, alles Geschehene zu akzeptieren. Sie wollte die Oma nicht gehen lassen und schlief nun schon seit Wochen sehr schlecht. Marion sah in dem Besuch am Grab eine letzte Möglichkeit auf Besserung und war entschlossen zu fahren, auch gegen Alexandras Willen.

Bereits beim Verlassen der Autobahn versteifte sich Alexandras Haltung, man konnte ihren Widerstand fühlen, ohne sie ansehen zu müssen. Als sie dann das Ortsschild passierten, brach es plötzlich aus Alexandra heraus:

"...warum musste die Oma sterben.....ich will, dass sie noch da ist....es tut mir so weh...."

und sie weinte hemmungslos. Marion redete ruhig auf sie ein. Sie erklärte ihr, dass die Oma an einem wunderschönen Ort ist, wo es ihr sehr gut geht. Sie könne sich aber dort nur wohlfühlen, wenn man sie loslässt und nicht mehr weint. Früher mussten sie immer sehr weit fahren, um die Oma zu besuchen und jetzt braucht Alexandra nur an sie zu denken und schon ist sie ihr nah. Alexandra kann nun immer und überall mit ihr reden, und wenn sie auf die Zeichen gut aufpasst, dann gibt ihr die Oma auch eine Antwort. 
Am Grab beruhigte sich das Kind dann langsam und Marion bat im stillen Zwiegespräch, dass die Oma doch ein Zeichen schicke möge. 

"Machs gut Oma, und pass auf Dich auf",

Alexandra hatte sich wieder gefasst und die beiden begaben sich auf den Heimweg. Unterwegs redeten sie nochmals über die stete Anwesenheit der Oma, die nun wie ein Schutzengel über Alexandra wacht und immer für sie da ist, dass man ihre Gegenwart fühlt auch wenn man sie nicht sehen kann. Marion spürte eine innere Ruhe und Ausgeglichenheit, wie schon lange nicht mehr. Sie wusste, dass die Entscheidung zum Grab zu fahren die einzig richtige war.

Zu Hause saßen die beiden beim Abendbrot, als Marions Blick von einem winzigen Etwas auf der Arbeitsplatte zwischen Spüle und Herd fast magisch angezogen wurde. Dieses Etwas mit einem Durchmesser von 3-4 mm und einer Dicke von 1,5 mm war eigentlich zu winzig, als dass man es auf der schwarz-weiß marmorierten Oberfläche hätte sehen können, besonders aus einer Entfernung von 1,50m. Marion stand wie im Trance auf und bereits während sie die paar Schritte näher kam wusste sie, was dieses Etwas war : 

das seit mehr als 1 ½ Jahren fehlende Gummifüßchen ihres Taschenrechners.


© Liane Porger

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