DER GAUKLER - TÄUSCHUNG UND WAHRHEIT
Ein modernes Märchen Begebenheiten und Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen wären rein zufällig und sind keineswegs beabsichtigt!
KAPITEL I - DAS KENNEN LERNEN
In einer kleinen Provinz am Rande des
Rechtsstaatlandes lebten eine
NAIVE
und ihr krankes Kind.
Seit vielen Monden darbten sie einsam und abgeschieden in einer kleinen
Hütte die so winzig war, dass sie sich sogar das Bettchen teilen mussten.
So trug es sich zu, dass die
NAIVE
eines Abends einsamen Herzens in den unendlichen Regionen der Chaträume
weilte und dort einem
FREMDEN
begegnete, der ihr weiteres Leben vollends zu verwirren gedachte. Dieser gab
vor ein alleine lebender Herr zu sein, der weit über dem großen Teich lebte
und sich nichts sehnlicher wünschte, als ein treu fürsorgendes und liebendes
Weib an seiner Seite.
Nach einer Weile bat der
FREMDE
um Übersendung eines Bildnisses und ob der Lieblichkeit ihres Antlitzes
umgarnte er sie mit den süßesten Worten, wohl wissend wie sehr er sie damit
in seinen Bann zu ziehen vermochte. Auf einmal gestand er, nicht über dem
großen Teich, sondern in einer Nachbarprovinz ganz in ihrer Nähe zu weilen.
Er fuhr fort es wäre sein größtes Begehr, sie baldig von Angesicht zu sehen
und, ihre Gewähr vorausgesetzt, sie mit seinen starken Armen liebevoll zu
umschließen.
Dem Tag der ersten Begegnung fieberten beide mit
brodelndem Blut entgegen. Nach ein paar höflich gewechselten Worten betraten sie eine nahe gelegene Taverne und bestellten einen heißen Trank. Nur beschwerlich entfaltete sich eine Unterredung, welche weit entfernt der heiteren, unbefangenen Art und der Magie der ersten Begegnung blieb. Nach geraumer Zeit des schmerzlichen Stillschweigens entlohnte der FREMDE die Magd für das heiße Gebräu, half der NAIVEN in ihren Umhang, warf selbst den eigenen Mantel über und zusammen verließen sie die Taverne. Damit sie nicht unbeschützt den gefährlichen Rückweg inmitten der Nacht zu Fuß und alleine gehen musste, erbot er sich sie zu der Stätte ihres zurückgelassenen Gefährts zu bringen. Trotz allen Misserfolgs dieses Abends empfand sie Dank für dieses fürsorgliche Anerbieten. Wenig später saßen sie wiederum stumm nebeneinander, bis er schließlich ein verblüffendes Ansinnen vortrug. Scheu erbat der FREMDE die Gewähr eines Kusses und die NAIVE erschrak ob solchen Begehrens nach diesem ernüchternden, ersten Aufeinandertreffen. Er musste doch ebenfalls festgestellt haben, dass ihr Beisammensein sich unfähig zeigte auch nur die kleinste Gemeinsamkeit hervorzubringen. Diesem greisen und langweiligen Zeitgenossen konnte sie niemals zärtliche Empfindungen - ja nicht einmal das Geschenk der Freundschaft entgegenbringen, woraus zog er seine Beherztheit, die Intimität eines Kusses zu erbitten? Tausend Gedanken sorgfältig gewählter Gründe für eine Versagung wirbelten durch ihr Haupt und nach gefühlter Endlosigkeit gewährte sie ihm schließlich doch die Gunst des Kusses, da sich nach dieser gescheiterten Zusammenkunft ihrer beider Wege ohnehin auf Nimmerwiedersehen scheiden würden. Die Augen des FREMDEn begannen ob dieser Einwilligung freudvoll zu leuchten und dieser Kuss, zunächst nur kaum fühlbar gehaucht, dann jedoch voll flammender Leidenschaft, zog die NAIVE vollends in seinen Bann, dass er ihr plötzlich weder greisenhaft noch nichts sagend erschien, sondern im Gegenteil erregend und begehrenswert, ohne jede Besinnung an seine Bejahrtheit oder das zerfallende Äußere. Die NAIVE war gefangen in seinem heißblütigen Kuss und auch der FREMDE erlag ihrem Liebreiz und ihrer betörenden Sinnlichkeit. Er hielt sich an ihr fest wie ein Ertrinkender und sie empfand in seiner Liebkosung eine ungeahnte Wärme und nie gefühlte Geborgenheit. Das leuchtende Blau seiner Augen war tief wie ein klarer See und die NAIVE wünschte die Zeit möge stehen bleiben, um in diese liebenden Augen hinabzutauchen. So hielten sie sich gegenseitig fest umschlungen, bis er schließlich die Umarmung löste, um wieder in seine eigene Welt zurückzureisen. Trunken an Emotionen saß sie neben ihm und während der Fahrt hielt er ihre Hand so fest, beinahe als ob er fürchtete, sie könne ihm sonst entschwinden. Er brachte sie zu ihrem Gefährt und bevor sie sich trennten, traf er eine für die NAIVE vollkommen unverständliche Entscheidung. Er erzählte ihr, dass dieses ihr einziges Treffen bliebe und kein weiteres folgen könne, da er in der fernen Provinz bereits eine Gefährtin habe. Diese sei zwar nicht sein Weib und er lebte mit ihr im dauernden Zwist, doch dürfe er diese Verbindung nicht trennen, um sich der NAIVEN zuzuwenden, da er diesem anderen Weibe bereits sein Versprechen für ein baldiges Ehegelöbnis gegeben habe. Er bedauerte, dass sie sich nicht früher kennen gelernt hatten, doch seine unfassbare Entscheidung stand bereits unveränderbar fest, bevor er zum heutigen Treffen aufgebrochen war. Die NAIVE war betroffen. Mit Hinterlist ergaunerte sich der FREMDE auf schändliche Weise nicht nur einen Kuss, auch seine Hände hatten wissbegierig die empfindsamsten Regionen ihres Leibes erkundet und mit all seiner Leidenschaft in einen magischen Bann gezogen. Sie fühlte sich belogen, um ihre Gefühle betrogen und ausgenutzt für sein niederes Begehr. Nie hätte sie einer Begegnung zugestimmt, sofern er ihr zuvor von seinem gegebenen Versprechen erzählt, welches er bereits einem anderen Weibe in der Ferne gab. Sein erneuter Schwindel trübte das wiedererhellende Licht, in welchem Sie ihn während des Kusses wähnte, doch nun begab sie sich bekümmert und verletzt auf die Heimreise. Sonne und Mond wechselten einige Male, bis der FREMDE überraschend Kontakt zu ihr aufnahm. Er könne ihr Antlitz nicht aus seinem Gedächtnis verbannen und begehre sie wieder zu sehen. Noch immer spüre er ihre zarten Lippen auf den seinen, auch der Duft ihres weich wallenden Haares liebkose noch immer sanft seine Nase. So schöpfte die NAIVE neue Hoffnung, da auch sie seine zärtlichen Hände noch immer auf ihrem Körper fühlen konnte und sich mit all ihren Sinnen nach diesem FREMDEN sehnte, obwohl sie nur seinen Namen kannte und weder wusste wo er wohnte, noch welchem Tagesgeschäft er nachging. Womöglich hatte er durch ihr erstes Aufeinandertreffen seine Meinung geändert und das gegebene Versprechen in beiderseitigem Zugeständnis mit dem Weibe gelöst. Mit dieser Zuversicht im Herzen schob sie alle ablehnenden Gedanken zur Seite und stimmte glückselig einem Wiedersehen zu. Eilends wurde ein neues Treffen vereinbart, wobei Jeden die Angst beschlich, der Andere könne wieder entsagen. Schließlich kam der heiß ersehnte Tag der erneuten Zusammenkunft und die NAIVE war mitten in ihrem Tagwerk beschäftigt, als der FREMDE nur wenige Stunden vor der vereinbarten Zeit eine Nachricht sandte. Plötzliche Skrupel ließen ihn das Treffen verwerfen, da er sich noch immer durch sein Versprechen dem anderen Weibe verbunden fühlte. Die NAIVE war traurig und sagte zu ihm, dass keiner zu Gefühlen zu zwingen wäre, egal ob versprochen oder nicht. Aufrichtigkeit und Verlass seien die hohen Werte, denen man verpflichtet wäre, nicht gesprochene Worte aus der Vergangenheit, welche heute keine Geltung mehr hatten. Da stimmte er freudig dem erneuten Treffen zu und beide machten sich voller Erwartung auf den Weg, der neuen Liebe zu begegnen. Diesem Beisammensein folgten in kurzen Abständen einige weitere und jedes war voll atemloser Leidenschaft und Magie. Er überhäufte sie mit Zärtlichkeit, umgarnte sie mit liebevollen Worten und die NAIVE war gefangen in einem ungeahnten Rausch, dass sie ihre Vorsicht vergaß und ihm vollends verfiel. Sie sog seine liebenden Worte auf, die sie nie zuvor aus dem Munde eines anderen Mannes vernommen hatte. Sie sei der einzige Diamant unter all den Kieselsteinen der Weiberwelt und jedes Beisammensein bezeichnete er als eine Perle, welche aufgereiht an einer Kette ein wertvolles Kleinod ergab. Ob solch süßer Worte öffnete Sie ihm ihre Welt und weihte ihn in ihre geheimsten Gelüste ein, jedoch er war für sie wie ein Phantom, da er außer seinem Namen nichts weiter von sich preisgab. Einmal fragte sie ihn aus Argwohn, ob er denn bereits einen Termin für das Ehegelübde mit dem anderen Weibe vereinbart habe und seine Antwort ließ sie erschaudern. Er gestand, trotz all der heißen Liebesschwüre und wunderschönen Zweisamkeiten voller Zärtlichkeit, dass er nun bald in ein gemeinsames Heim mit dem anderen Weibe ziehen würde. Das gegebene Versprechen könne er nicht mehr zurücknehmen, auch wenn er nunmehr dem Zauber und Liebreiz der NAIVEN vollends erlegen sei. Sie habe immer einen besonderen Platz in seinem Herzen, den er nur für Sie bereithielte, aber die Ehe war der Anderen versprochen. Aus diesem Grund würde er auch mit dem künftigen Weib über den großen Teich in dessen Heimat reisen, weshalb man sich länger nicht sehen könne. Da ward die NAIVE traurig und sagte ihm, dass sie ihn nie wiedersehen wolle, denn er habe sie arglistig belogen und schändlich um ihre Liebe betrogen. Wiederum wechselten viele Monde. Der GELIEBTE reiste ohne Abschied mit seinem künftigen Weib über den großen Teich und die NAIVE begab sich mit ihrem kranken Kind an einen entfernten Ort, in der Hoffnung auf Linderung für dessen Leiden. Während ihres Aufenthalts, nahm der GELIEBTE plötzlich inmitten der Nacht Kontakt zu ihr auf. Er sandte ihr eine Nachricht, dass er just von der gemeinsamen Reise mit seinem Weibe über den großen Teich zurückgekehrt sei und nun voll Verlangen an die NAIVE und ihre anziehende Wärme und Weiblichkeit denken musste. Daher erbat er ein Treffen, sie zu sehen und die Leidenschaft zu stillen. Schockiert las sie wieder und wieder seine Worte, die ihr nach allem Erlebten unverständlich waren. Wie konnte er verreisen um einem anderen Weibe das Ehegelübde zu geben und nach der Rückkehr Begehr eines leidenschaftlichen Wiedersehens äußern? Ob solcher Ansinnen war sie verwirrt und erbat Bedenkzeit, bis sie ihre eigene Reise beendet und wieder in ihrem schützenden Heim weilte. Sein heiliges Ehe-Gelübde trat er mit Füßen in den Schmutz, denn es war offenbar ohne Liebe erfolgt und hatte dadurch den faden Beigeschmack eines schlechten Geschäfts erhalten.
Die
NAIVE war hin
und her gerissen. Konnte sie erhoffen, dass er seinen Fehler einsah und das
Ehegelübde zurücknahm, um sich ihr zuzuwenden?
Am Morgen des Wiedersehens umgab sie sich mit
besonderen Düften, um ihn mit ihren Reizen zu umgarnen, dass er sie endlich
freite. Als sie ihm die Pforte öffnete erblickte sie zuerst ein riesiges
Gebinde feuerroter Rosen, hinter welchem er sie mit seinen sehnsuchtsvollen,
blauen Augen anblickte. Ob der Pracht und Größe dieses Blumenschmucks und
der besonderen Auswahl des Gewächses deutete sie dies als Zeichen seiner
Entscheidung für ein Leben mit ihr. Er nahm sie in seine Arme und bedeckte
sie mit leidenschaftlichen Küssen, als wollte er sie nie wieder loslassen.
Danach begaben sie sich zur Feuerstelle, wo die
NAIVE begann
einen heißen Trank zuzubereiten. Der
GELIEBTE stand
hinter ihr und immer, wenn sie nach einem neuerlichen Aufguss den heißen
Kessel zurückstellte, drehte er sie zu sich und überschüttete sie mit seinen
leidenschaftlichen Küssen. Dabei vergrub er sein Gesicht in ihren weichen
Haaren und sog den warmen Duft so tief ein, als ob er sie vollends in sich
aufnehmen wollte. Sein Wohlgeruch, seine Nähe und Wärme verbunden mit einer
nie erfahrenen Leidenschaft katapultierten die
NAIVE in den
7.Himmel der Glückseligkeit und sie wollte nie wieder zurück zur Erde.
Wunderbare, gemeinsame Stunden voller Zärtlichkeit und Magie verbrachten die
beiden Liebenden bis wiederum die Zeit des Abschieds nahte. Trunken vor
Leidenschaft erbat er die Erlaubnis wiederzukommen und die
NAIVE stimmte
freudig in Erwartung zu, dass sich nun alles zum Guten wenden könne. Nachdem
der
GELIEBTE
gegangen war, verschloss die
NAIVE die
Pforte und ließ sich jämmerlich weinend zu Boden gleiten. Sollte tatsächlich dieses kleine Licht am Horizont das Vorzeichen einer besseren Zeit werden? Nach allem Widerfahrenen des heutigen Tages wollte sie nur zu gerne daran glauben. Der Anblick des wunderschönen Rosenstraußes und die Erinnerung an die zärtlichen Stunden zauberten ihr täglich ein Lächeln ins Antlitz und das verhärmte Äußere erblühte wieder zu voller Schönheit. Von Stund an wuchs jedoch auch die Sehnsucht nach dem geliebten Manne.
Ein neuer Termin war bereits vereinbart, zu
welchem der
GELIEBTE sie
erneut in ihrem Heim aufsuchen wollte, und die
NAIVE warf all
ihre Vorsicht über den Haufen- voll Zuversicht und Verlass auf ein
gemeinsames Glück. Wiederum stand der Freier mit glühenden Augen und einem
riesigen Strauß blutroter Rosen vor ihrer Pforte und die
NAIVE gewährte
ihm voll freudiger Erwartung Einlass. Er bedauerte sehr, dass sie bereits
den heißen Trank ohne ihn zubereitet hatte, denn in seiner Erinnerung
schwelgte er noch immer im Zauber dieses Rituals während seines ersten
Besuches. Beim Schließen seiner Augen war sie ihm dabei jedes Mal so nah,
dass er meinte sie fühlen und riechen zu können und er sich dadurch kaum
seinem Tagwerk zu widmen vermochte. Die
NAIVE
versprach, bei seinem nächsten Besuch dieses Ritual wieder gemeinsam zu
zelebrieren, doch nun sehnte sie sich danach, ihn vollends spüren, in
Leidenschaft ihre Körper zu verschmelzen, eins zu sein mit ihm und dadurch
das Band der Liebe zu festigen. Sie umgarnte ihn, bis er sich hilflos der
Leidenschaft hingab und mit ihr die körperliche Vereinigung vollzog. Jedoch
der erwartete Zauber blieb aus. Weder Magie noch Leidenschaft entbrannte und
die
NAIVE war
verwirrt ob des plötzlich auftretenden Frosts in seinen Augen und der
erbarmungslosen Kälte seiner Worte, als er sie schließlich ernüchtert der
vorsätzlichen Verlockung beschuldigte. Zum folgenden Tagesanbruch sandte er eine abschließende, schmachvolle Botschaft. Für alle Geschöpfe der Erde verhieße der Sonnenaufgang dieses Morgens einen wunderschönen Tag, nur nicht für ihn. Er fühle sich schäbig und schmutzig und nur sie alleine trüge daran die Schuld. Nie habe er mit ihr den Akt vollziehen dürfen, da er durch Gelöbnis mit einem anderen Weib verbunden sei und er gedachte weder in Vergangenheit noch Zukunft diesen heiligen Eid zu lösen. Da nahm die NAIVE den übermächtigen Blumenschmuck, der ihr nunmehr nicht als Pfand der Liebe sondern als Zeugnis von Täuschung und Lüge erschien, und warf ihn auf den großen Misthaufen vor der Tür, wohin er mit seiner neuerlichen Geltung auch gehörte.
...UND DIE MORAL VON DER GESCHICHT':
WER DICH EINMAL BELÜGT DEM GLAUBE NICHT, AUCH WENN ER DICH SO SEHR BETÖRT, SEIN EHRLICH WORT HAT KEINEN WERT!
© Liane Porger
|