DER GAUKLER - TÄUSCHUNG UND WAHRHEIT
Ein modernes Märchen Begebenheiten und Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen wären rein zufällig und sind keineswegs beabsichtigt!
KAPITEL II - DAS WIEDERSEHEN
Viele Wochen gingen ins Land, während dieser Zeit
sich Kummer und Enttäuschung der
NAIVEN legten
und in eine große Sehnsucht nach dem
GELIEBTEN
wandelten. Sie fragte sich, wie es ihm wohl erginge und ob er ebenso ihrer
gedachte. Seine verletzenden Worte verblassten und die Worte der Liebe und
Zärtlichkeit flammten erneut in ihrer Erinnerung auf. Die liebenden Augen,
mit welchen er sie angesehen hatte, seine erregenden Küsse, die noch immer
auf ihren Lippen brannten, seine wissbegierigen Hände, die voller
Leidenschaft ihren Körper erkundeten und seinen heißen Atem auf ihrer Haut.
Konnte ein Gaukler solche Gefühle wecken? Mit bangem Herzen sandte sie ihm eine Nachricht. Sie schrieb, wie sehr sie sich nach ihm und seiner Liebe verzehre und dass sie nur den einen Wunsch des Wiedersehens hegte. Die Antwort des GELIEBTEN blieb nicht lange aus, denn auch er wünschte sich nichts sehnlicher, als sie wieder in seine Arme schließen zu dürfen. Der böse Streit ward von keinem der Beiden angesprochen, aus Angst vor einer neuerlichen Stille und so schlug der GELIEBTE ein Treffen alsbald in einer Nachbarprovinz vor, wo er sich auf der Durchreise befand.
Mit ruhelos pochendem
machte sich die
NAIVE auf den
weiten Weg ihren
GELIEBTEN
zu treffen. Ihr ganzes Sein sehnte sich nach diesem Manne und sie glaubte
nicht, ohne ihn weiterleben zu können. Hatte sie doch alleine in seinen
Armen die Liebe und das Glück verspürt, Emotionen welche zuvor kein anderer
Mann in ihr zu erwecken vermochte. Sie stellte ihr Gefährt an einem dafür
vorgesehenen Platze ab und harrte erregt, dass er sie von dort abhole. Als
er vorfuhr und sie in sein Gefährt stieg, zog er sie in seine Arme und
küsste sie voller Leidenschaft. Die
LIEBENDEN
vergaßen die Welt um sich herum und erst als man ihnen signalisierte, dass
sie den Weg blockierten, entließ er sie aus seinen Armen. Ihre Hand hielt er
jedoch weiterhin fest in der seinen, aus Angst sie könne ihm auf
Nimmerwiedersehen entfliehen. Er lenkte sein Gefährt in einen nahen Hain, um
mit ihr alleine in trauter Zweisamkeit zu sein. Sie brauchten keine Worte,
ihre Körper unterhielten sich in einer eigenen Sprache, voller Sehnsucht und
Begierde. Die Zeit verging viel zu rasch und als sie sich trennen mussten,
ward den beiden
LIEBENDEN das
Herz schwer. Bereits am nächsten Tag meldete sich der GELIEBTE und erbat ein baldiges Treffen. Noch immer fühle er ihren Körper, roch ihren Duft und sehne sich nach ihrer Gegenwart. Obwohl er niemals ihr alleine gehören würde, wolle er doch so oft als möglich mit ihr zusammen sein, sofern sie sich nur mit den besonderen Umständen einverstanden zeigen könne. Die NAIVE konnte nicht verstehen, dass er bei seinem Weibe zu verharren gedachte, obwohl er mit all seinen Sinnen nach ihr verlangte. Wie konnte ein Mann seine ehelichen Pflichten erfüllen, wenn er in Gedanken nicht bei seinem Weibe, sondern bei einer anderen war? Trotz aller Widrigkeiten gebot die NAIVE ihren Schuldgefühlen Einhalt und wollte darauf vertrauen, dass sich das Schicksal mit den LIEBENDEN gnädig erweisen würde. Sie glaubte fest daran, dass ihr GELIEBTER nicht mehr lange bei seinem Weibe verweilen konnte, da ihn die Sehnsucht direkt zu ihr treiben würde. Auch der GELIEBTE bestärkte sie in diesem Vertrauen, hoffte er doch gleichfalls auf ein gnädig entscheidendes Schicksal, welches ihm solch schwerwiegende Entscheidung abnehmen würde, nur um selbst keine Veränderung herbeiführen zu müssen. Bereits wenig später meldete sich der GELIEBTE erneut mit freudiger Nachricht. Sein Heer hatte zu einer taktischen Übung in der Nachbarprovinz einberufen und so würde er eine volle Woche in ihrer Nähe sein. Ihren innigen Wunsch eine ganze Nacht in seinen Armen liegen zu dürfen, malte er in den rosigsten Farben, besonders betonte er dabei die reizvolle Aussicht sogar mehrere gemeinsame Nächte in ihrem Heim zu verbringen. Da er nur während der Tage seinen Dienst zu erfüllen hatte, würde er des Abends zu ihr eilen, um gemeinsame, leidenschaftliche Nächte zu verleben. Das Herz der NAIVEn drohte vor Freude zu zerspringen, denn erneut keimte die Hoffnung auf, dass dies der Beginn eines gemeinsamen Lebens wäre. Tagelang schrieben sie sich und die Vorfreude wuchs mit jeder Nachricht. Dann kündigte der GELIEBTE überraschend seinen Besuch an und stellte in Aussicht, nicht nur wenige Stunden, sondern einen ganzen Tag mit ihr zu verbringen. Überglücklich stimmte die NAIVE zu und traf alle Vorbereitungen für den Empfang des geliebten Mannes in ihrem Heim. Noch am Vorabend schrieb er ihr, wie sehr er sich auf sie freue und auch besonders auf das gemeinsame Ritual des Aufbrühens ihres heißen Tranks, genau wie damals bei seinem ersten Besuch in ihrem anheimelnden Nest.
Die
NAIVE
verbrachte eine sehr unruhige Nacht voller Vorfreude dem
GELIEBTEN in
die Arme zu fliegen. Er hatte 9 Uhr als Zeitpunkt des Eintreffens genannt,
und so schaute die
NAIVE
sehnsüchtig auf die viel zu langsam wandernden Zeiger ihrer Uhr an der Wand.
Immer und immer wieder schaute sie zum Fenster hinaus, in freudiger
Erwartung den
GELIEBTEN den
Berg hochfahren zu sehen. Die Zeiger sprangen auf 9 Uhr, aber der
GELIEBTE kam
nicht in Sicht. Zunächst beruhigte sie sich, dass womöglich Hemmnisse auf
der langen Wegstrecke sein rechtzeitiges Kommen störten. Als eine weitere
halbe Stunde ohne eine Erklärung von ihm verstrichen war, versuchte sie ihn
zu erreichen, jedoch ohne Erfolg. Sie schrieb ihm eine Nachricht, doch auch
darauf kam keine Antwort.
Sie lief ruhelos durch die Stube und warf immer
wieder einen Blick aus dem Fenster. Es ward 10 Uhr, noch immer keine
Nachricht, die Uhr wanderte auf 11 Uhr und die
NAIVE sorgte
sich immer mehr. Tränen bahnten sich ihren Weg und sie war zu schwach diese
zu unterdrücken. Als er um 12 Uhr noch immer nicht kam und auch keine
Nachricht eintraf, geriet sie in Panik. Die schlimmsten Befürchtungen
brachten ihr Herz in eine Enge, die es zu ersticken drohte. Sie fürchtete,
der
GELIEBTE hatte
auf dem weiten Weg zu ihr einen Unfall und Niemand wusste, dass sie auf ihn
wartete. Keiner kannte ihre innige Verbindung und so würde sie nicht darüber
in Kenntnis gesetzt, wenn ihm etwas Beklagenswertes zugestoßen war. Die
NAIVE weinte
still vor sich hin und mit jeder weiteren Stunde wurden ihre Angst und
Weinen jämmerlicher. Es folgte eine unruhig durchwachte Nacht, die ohne
Nachricht zum Horror ward. Am folgenden Morgen fühlte sie sich unfähig
aufzustehen und sie konnte auch nicht zu ihrem Tagwerk gehen. So blieb sie
während des ganzen Tages im Bett und hoffte, der
GELIEBTE möge
sich melden, damit ihre Sorgen ein Ende finden konnten. Doch auch während
dieses Folgetages kam keine Nachricht. Die
NAIVE war
verzweifelt. Der
GELIEBTE
wusste, dass sie sich sorgte und würde sich, sofern er auch nur die
geringste Möglichkeit hatte, sofort bei ihr melden. Doch diese lähmende Zeit
ohne Nachricht schürte ihre Ängste und so verging auch dieser Folgetag ohne
ein Lebenszeichen. Eine weitere durchweinte Nacht der übelsten Nachtmahre
folgte und auch der dritte Tag blieb ohne Nachricht. Mit vom Weinen
verquollenen Augen machte sich die
NAIVE am
4.Tage auf zur Arbeit. Sie konnte nichts in Erfahrung bringen und so musste
sie sich durch die Beschäftigung ablenken um nicht vollends verrückt zu
werden. Am Abend des 4. Tages erreichte sie eine Nachricht des
GELIEBTEN, die
sie zunächst erfreute und dann ob des unglaublichen Sinns schockierte.
Nachdem die
NAIVE seine
Zeilen gelesen hatte, ward sie zornig. Wusste er nicht, wie sehr sie sich
ohne eine Nachricht sorgte? Volle Wechsel von 4 Sonnen und Monden hatte er
verstreichen lassen, bevor er sie kontaktierte. Nun sandte er keine
Entschuldigung für die lange Stille, sondern eher ein Selbstmitleid wegen
der Gerissenheit seines bösen Weibes, welches ihm das Leben zur Hölle
machte.
War er etwa ein Weichling, ein Mann der ein
mächtiges Weib an der Seite brauchte um selbst stark erscheinen zu können?
Die
NAIVE suchte
die vielen bisher erhaltenen Einzelteile zu sortieren und plötzlich ließen 2
Bruchstücke ein mögliches Bild erahnen. Sie schrieb ihm, dass sie in Sorge
um sein Wohlergehen nahezu krank geworden war, doch diese Furcht erschien
ihm unerklärlich verborgen.
Entgegen jeder Hoffnung auf eine glückliche Wende,
schlug das Schicksal dann unbarmherzig zu. Kurz nach diesem
leidenschaftlichen Treffen eröffnete ihr der
GELIEBTE, dass
sein Weib unheilbar an schlimmer Geisel erkrankt, welche bereits dessen
Mutter und Großmutter jäh und jung an Jahren aus dem Leben gerissen hatte.
Wieder und wieder stellte sie dem Universum die
bohrenden Fragen ihres traurigen Daseins: · Warum stellte das Leben sie fortwährend vor solch harte Prüfungen? · Warum musste sie ein Ehe-Martyrium durchleben, woraus sie sich erst nach vielen Jahren lösen konnte? · Warum ward ihr Kind krank geboren, während andere Weiber gesunden Kindern das Leben zu schenken vermochten? · Welch große Sünde hatte sie wohl begangen, dass sie nicht glücklich werden durfte, sondern immerfort von der Vorsehung gestraft wurde?
Viele Wochen gingen ins Land und die
NAIVE
verbrachte diese nahezu teilnahmslos. Sie konnte sich nur für die Belange
ihres kranken Kindes erheben, aber wenn dieses zu Besuch bei seinem Erzeuger
war, blieb sie tagelang im Bett liegen, unfähig sich zu bewegen. Mit müden
Gliedern quälte sie sich dann aus dem Bett um ihre Notdurft zu verrichten,
fiel danach aber wieder mit bleiernen Knochen auf ihr Lager zurück. Ihre
Freunde sorgten sich um sie, aber sie reagierte auf keine Nachricht.
Welch Ansinnen unterbreitete er ihr zwischen den
Zeilen? Hoffte er tatsächlich, sie möge auf ihn warten, bis sein Weib
dahingeschieden und er frei für sie wäre?
...UND DIE MORAL VON DER GESCHICHT':
VERNUNFT LASS' WALTEN UND ÜB' VERZICHT EIN HEUCHLER, SCHMEICHLER, HERZENSDIEB HAT NIEMAND ALS SICH SELBER LIEB!
© Liane Porger |