RECHTSSTAATLAND -
UND SEINE SORGE FÜR DIE SCHUTZBEFOHLENEN
Ein modernes Märchen
Begebenheiten und Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen
wären rein zufällig und sind keineswegs beabsichtigt!
KAPITEL I Es war einmal... ... das Ehepaar ÜBERVORTEIL, welches in einer Provinz mitten im Rechtsstaatland lebte. Die Beiden hatten unter dem Schutze des KADI einen gerissenen Schwindel entwickelt, womit sie arglose Möchtegern-Schreiberlinge um alles Hab und Gut zu bringen vermochten. Durch ein bereits erklecklich ergaunertes Sümmchen erfreuten sie sich eines Lebens in Wohlstand, ohne dass ihnen je eine Obrigkeit die bösen Machenschaften untersagt hätte. In einer kleinen Provinz, am Rande des Rechtsstaatlandes, lebten auch eine NAIVE und ihr krankes Kind. Sie hausten seit 6 Monaten zurückgezogen und allein in einer Hütte mit 2 Stuben die so klein war, dass sie sich sogar das Bettchen teilen mussten. Beide träumten von einer neuen, besseren Welt, in der sie nicht mehr jeden Taler umdrehen mussten und sich immer bis zum Monatsende satt essen konnten. Trotz aller Bürden meisterte die NAIVE ihr schweres Los ohne zu wehklagen und stand mit beiden Beinen fest im Leben. In den langen und einsamen Abendstunden, wenn das Kind im Bettchen lag, notierte sie Ihre Träume und Sehnsüchte in einer Niederschrift und schickte diese nach Vollendung hoffnungsvoll an viele namhafte Editoren, um durch eine mögliche Verbreitung ein paar Extra-Talerchen zur Verbesserung ihres kläglichen Auskommens zu erhalten. Es trug sich nun zu, dass das raffgierige Ehepaar ÜBERVORTEIL auch an diese Niederschrift der NAIVEN gelangte. Sie schrieben ihr, sie möge eine Flasche des edelsten Weines öffnen, denn die Zeit des Wartens und der Zurückweisungen wäre für immer vorbei. Der Editor ÜBERVORTEIL-GmbH würde sehr gerne ihr Büchlein in Umlauf bringen, denn dies sei ergreifend verfasst und käme ob der fesselnden Auslegung bei des Lesens Kundigen trefflich an.
Die
NAIVE
war
zunächst einmal sprachlos. Sollte sie wirklich nach all den Ablehnungen der
großen und bekannten Editoren endlich einen Herausgeber für ihr Büchlein
gefunden haben? Gerade jetzt, in einer tiefen Talsohle ihres Lebens erschien
dieser wundervolle Lichtblick und versprach ihr den Weg in eine mögliche,
bessere Welt. Das Angebot der
ÜBERVORTEIL-GmbH
war
wirklich sehr verlockend, denn sie versprach sich um alle Umstände, die
Bekanntmachungen, das Ausrichten von Lesungen sowie den Absatz zu kümmern
und ihr am Ende jedes Jahres ein ansehnliches Sümmchen als Anteil der
erfolgten Veräußerungen zu vergüten. Was sollte sie bloß tun? Um möglichen Trug zu verhindern, ließ sie den erhaltenen Kontrakt von einem befreundeten ADVOKATen auf Billigung überprüfen und schickte dann nach Erhalt das unterzeichnete Papier zusammen mit dem geforderten Sümmchen an den Editor. Eine lange Zeit ging ins Land und sie suchte mehrfach Herrn ÜBERVORTEIL zu erreichen. Dieser versicherte schließlich der NAIVEN, dass sie getrost auf die Familie ÜBERVORTEIL vertrauen könne, da diese bereits seit vielen Jahren großes Ansehen unter des Lesens Kundigen erlangt habe. Nach endlosen Monaten, zigfachen Anrufen und Briefen, ward endlich zum Ende des Jahres die ersehnte 1. Schreiber-Lesung in der Heimat-Provinz der NAIVEN angekündigt. Viele Bürger kamen, kauften ihr Büchlein und die NAIVE schrieb in jedes eine liebevolle Widmung. Am Ende dieses aufregenden Tages und noch im Taumel der erlebten, überwältigenden Eindrücke beschloss sie, den gesamten zu erwartenden Anteil der Veräußerungen an eine Gemeinschaft von Eltern mit kranken Kindern zu spenden, obwohl sie selbst noch kein Talerchen erhalten hatte. Nach diesem Abend hörte sie sehr lange Zeit nichts mehr von dem Editor. Erst 5 Monate später kam ein Brieflein, welches ihr die Übersendung von mehr als 100 Talerchen als Anteil für das vergangene Jahr versprach. Die NAIVE freute sich und wartete geduldig viele Wochen auf die Übersendung der angekündigten Summe, doch sie wartete vergebens. Schließlich schrieb sie Briefe und führte Telefonate mit der Familie ÜBERVORTEIL, doch die versprochene Entlohnung wurde trotzdem nicht angewiesen. Zwischenzeitlich kam sie in Kontakt mit einer anderen Schreiberin aus dem Hause ÜBERVORTEIL, die ihr wahre Schauergeschichten über die Machenschaften dieser Familie erzählte: Bei der Obrigkeit war der Editor wohlbekannt. Die Schreiberin beklagte dort ihr Leiden und den entstandenen Schaden, doch obwohl man sie im Recht befand, musste sie alle anfallenden Kosten selbst tragen, da die Familie ÜBERVORTEIL einen Eid schwor, zu arm zum Zahlen auch nur eines Talers zu sein. Der Trug offenbarte sich vollends als sie herausfand, dass von den versprochenen 3.000 Büchlein nur 200 gedruckt worden waren.
Da war die
NAIVE
sehr
traurig. Sie schrieb dem Editor, dass sie schlimme Dinge über ihn und seine
Frau hörte und diese vernommene Schande nach ihren eigenen Erfahrungen wohl
glauben müsse, wenn man ihr nicht schnellsens die versprochenen Anteile
zukommen ließe. Familie
ÜBERVORTEIL
antwortete in
einem sehr bösen Brief und drohte mit einer Verleumdungsbeschwerde vor dem
KADI,
wenn die
NAIVE
nicht
sofort und schriftlich Abbitte leisten würde. Nun war die
NAIVE
müde
des Kampfes gegen Windmühlen. Sie schrieb die geforderte Abbitte, ging zu
ihrem Freund dem
ADVOKATEN
und
gab ihm den Auftrag, ihr Problem beim
KADI
vorzutragen. Die alte Weste des Ehepaares ÜBERVORTEIL hatte im Laufe der Jahre sehr viele Flecken erhalten hatte, daher wechselte man sie kurzerhand und arbeitete frohgemut mit neuem Namen und blütenreiner Weste nach dem bisherigen Schwindel weiter. Dem KADI schrieben sie, dass sie das alte Ding schon lange verkauften und somit keinerlei blassen Schimmer von dessen Verbleib mehr hatten. Doch die NAIVE tröstete sich: Der KADI ist ein weiser Mann, der die trügerischen Absichten dieses Ehepaares sehr leicht zu durchschauen vermag. Er wird Gerechtigkeit walten lassen und deren bösen Machenschaften den geforderten Einhalt gebieten! Da meldete sich ihr Freund der ADVOKAT und sagte, dass der KADI aus der Provinz mitten im Rechtsstaatland eine Anhörung einberufen wolle. Obwohl die ÜBERVORTEIL-GmbH im ganzen Lande als Übeltäter bekannt sei und das Recht klar auf der Hand lag, sollte der ADVOKAT die weite Reise im Namen und auf Kosten der NAIVEN antreten, weil es der KADI so befohlen hatte - und das alles wegen ein paar Talerchen...
Der befreundete ADVOKAT der NAIVEN schickte einen im Reich des KADI lebenden Vertreter zu der Anhörung, um nicht selbst anzureisen und dadurch hohe Kosten zu verursachen. Die Familie ÜBERVORTEIL vertrat sich selbst, denn ihr eigener ADVOKAT hatte seine Befugnis vor dem Termin niedergelegt, da er nicht länger Teil dieser unehrenhaften Täuschung sein wollte. Nun trug es sich zu, dass der KADI ein blutjunger und unerfahrener Herr war, der sich zum Schaden der NAIVEN mit dieser Verhandlung besondere Ehre verdienen wollte. Ferner gedachte er dem zugeteilten Beisitzer, einem weiteren noch nicht berufenen KADI sein bereits weitreichende Ausmaß an Weisheit zu demonstrieren. Leider war der KADI durch seine Eitelkeit zu verblendet, um die raffinierten Spiele der Frau ÜBERVORTEIL zu durchschauen und so nahm das Verhängnis seinen Lauf. Sie mimte die Unwissende und durch seinen fehlenden Scharfsinn war er ihr ein leichtes Opfer. Viel zu spät erkannte er seinen Irrtum, verstrickte sich immer weiter in seiner eitlen Darbietung und fürchtete schließlich um den eigenen Namen und guten Ruf, trotz seiner Unreife ein weiser und gerechter KADI zu sein. In der größten Not kam ihm der gesandte ADVOKAT der NAIVEN zu Hilfe. Dieser schlug nach Ablauf des ersten Stundenglases einen Vergleich vor, damit die lächerliche Tragödie nicht mit verheerenden Ausmaßen in unabsehbaren Folgen und Kosten enden würde. Obgleich die Eitelkeit des KADI empfindlich litt, konnte er dadurch sein Gesicht wahren und unbeschadet an Ruhm und Ehre die jämmerliche Vorstellung beschließen. Was kümmerten ihn die NAIVE und ihr krankes Kind, die weit weg in einer anderen Provinz lebten, und deren paar Talerchen... Der gesandte ADVOKAT beschwor die NAIVE den Vergleich anzunehmen, denn sie liefe Gefahr durch die Eitelkeit des KADI den Prozess zu verlieren. Sofern sie nicht zustimme, müsse sie womöglich für allen Schaden aufkommen, sogar für alle Auslagen der niederträchtigen Familie ÜBERVORTEIL. Ein fauler Kuhhandel der die NAIVE weitere Talerchen kostete, denn Ihren ADVOKATen und dessen Vertreter vor dem KADI musste sie selbst entlohnen, und dafür reichten nicht einmal die paar Talerchen aus dem Vergleich, deren sie wohl niemals habhaft werden konnte. Die NAIVE verstand die Welt nicht mehr. Wo blieb die gepriesene Weisheit des KADI, wo die Gerechtigkeit?
...verraten
durch die Eitelkeit des unreifen
KADI?!
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